Mittwoch, 18. Juli 2012

18. Etappe: Hütten – Hayingen


Wegverlauf: Hütten – Sondernach - Granheim – Erbstetten – Heumacherfels - Ruine Wartstein - Lautertal – Maisenburg - Hayingen

Weglänge: 24 km

Karte: F524 Freizeitkarte Bad Urach 1:50.000

Anfahrt: Mit dem Zug nach Ulm, weiter mit dem Zug nach schelklingen und von dort mit dem Bus nach Hütten.

Rückfahrt: Mit dem Bus nach Münsingen, weiter mit dem Bus nach Reutlingen und von dort mit dem Zug nach Stuttgart.

Gelaufen am: 15.07.2011

Ich hatte ja gehofft wieder mit dem Zug nach Hütten fahren zu können, weil mir die Fahrt mit dem Anhalten bei Bedarf so gut gefallen hat. Aber leider gibt es diese Verbindung früh morgens unter der Woche nicht. Und so bin ich dann von Schelklingen aus mit dem Bus nach Hütten. Der Bus hält mitten im Ort, am Gasthof Bären (Tipp: von hier aus kann man eine super Tour ins Bärental und zur Bärentalhöhle machen). Am Bahnhof kann er leider nicht halten. Mist. Ich hatte mir ja vorgenommen, jeden Zentimeter der Albumrundung zu laufen. Nun stand ich da, und hatte einige Meter übersprungen. Soll ich zurück zum Bahnhof? Ach was. Was für ein Umstand! Oder doch? Egal, ich laufe los. Als ich an der Brücke über den Bach komme und schon gute 200m gelaufen bin, habe ich mich geärgert und bin doch zurück gelaufen. Es geht hier ja schließlich ums Prinzip. Entweder ich umrunde die Alb komplett aus eigener Kraft oder nicht. So. Also wieder zurück und schon stellt sich eine gewisse Genugtuung ein. Ja, das ist der richtige Weg. Am Bahnhof stehe ich und denke nochmals an den Zug, den ich per Anhalter gefahren bin. Lustig. Und richtig idyllisch ist es hier. Ich atme ein paar Mal durch. Bloß nicht den Tag versauen lassen, weil ich mich jetzt geärgert habe. Gleich mal davon frei machen.

Ich bin neugierig, ob auf dem Baumstumpf noch die Pilze wachsen, oder sie bereits wieder weg sind und laufe so über die Straße, wo der HW 2 aus dem Wald runter kommt. Und tatsächlich, die Pilze sind noch da. Sie wachsen auf dem kompletten Baumstumpf und bedecken ihn völlig. Ein richtig guter Anblick. Ich photographiere die Pilze aus allen möglichen Perspektiven, probiere die Makrofunktion aus und mache viel mehr Bilder, als ich später aufheben will. Mit den digitalen Kameras genießt man hier einen gewissen Luxus, den man früher mit den Abzugsbildern nicht hatte. Man musste jedes Bild bezahlen. Heute lade ich die Bilder einfach auf meinen Rechner und lösche die, die nichts geworden sind. Eine feine Sache. Allerdings photographiere ich so auch viel mehr und brauche bald eine größere Festplatte.

Nun laufe ich also wieder in den Ort hinein, ducke mich innerlich ein wenig, weil ich glaube, die Leute müssten mich für verrückt halten, wenn sie mich hier zum zweiten Mal laufen sehen. Der Weg geht nun an den Bahngleisen entlang. Ich wundere mich, welcher Zug hier fährt. ich kenne die Strecke gar nicht. Später lese ich, dass hier der Ulmer Spatz fährt und fahre ihn auch tatsächlich ein Jahr später, als ich zur nahe gelegenen Schmiechquelle wandere (nebenbei bemerkt eine tolle Quelle, wie sie so aus dem Felsen kommt). Aber heute wirkt sie so verlassen. Wie eine Geisterbahn. und doch ist in Sondernach eine hübsche Haltestelle mit einem netten Häuschen. Ich komme an Ziegen vorbei, die mich genauso neugierig beobachten wie ich sie. Sie reagieren, wenn ich sie anspreche und schauen wie wenn sie versuchen wollten zu verstehen was ich sage. Es ist erstaunlich wie Tiere reagieren, wenn man sich ernsthaft um sie kümmert. ich habe das schon oft auf meinen Wanderungen beobachtet.

Das Tal ist sehr schmal und schön zu laufen. Es gefällt mir hier. Wieder eine Idylle gefunden! Allerdings machen mir die Mücken das Leben schwer. Die schiere Menge davon ist lästig. Und man sollte meinen, sie hätten genug Platz zum Fliegen, aber immer wieder finden sie treffsicher meine Augen oder ein Nasenloch. Entweder muss das etwas ganz besonders Anziehendes haben, oder es sind so viele Insekten, dass sie jeden verfügbaren Raum zum Fliegen nutzen müssen. Auf dem Weg sind einige schwarze Schnecken. An einer Übergangsstelle laufe ich auf das Bahngleis und blicke ihm entlang. wie es wohl sein muss hier stehen zu bleiben wenn ein Zug kommt? Ich muss an den Nationaltürhüter Robert Enke denken, der genau das getan hat und hoffe inständig, dass jetzt kein Zug kommt. Davon abgesehen ist es eine interessante Perspektive. Wenn man im Zug sitzt sieht man nur seitlich zum Fenster hinaus. Mal direkt auf die Schienen zu sehen ist ein ganz anderer Blickwinkel. Mir wird wieder bewusst was für ein schönes Tal das hier ist und bin traurig, weil ich weiß, dass ich es bald nach links verlassen werde.

Auf der Suche nach dem Schild, das mir den Weg nach links zeigt sehe ich ein Reh im Wald stehen. Es hat mich auch gesehen, schaut mich an und hüpft gleich darauf weiter. In den wenigen Sekunden, als es mich direkt angesehen hatte, habe ich überlegt, die Kamera anzumachen und ein Bild zu versuchen, habe mich aber dann dagegen entschieden, weil ich das schon öfters versucht habe und mir nie ein Bild mit Reh gelungen ist. Man ist einfach nicht schnell genug für ein solches Bild. Nachdem ich einige Waldbilder ohne Reh hatte, habe ich beschlossen, von nun an nicht mehr die Kamera rauszuholen in solchen Situationen, sondern einfach nur zu schauen und den Augenblick zu genießen. Und so habe ich ein Photo in meinem Inneren.

Und an der nächsten Abzweigung weist das rote Dreieck nach links. Ich verlasse das schöne Tal und die Bahnlinie. Es geht steil hinauf und oben angelangt grüßt mich eine wunderschöne Stimmung: Wolken am Himmel, etwas bedrohlich in ihrer Farbe, Weite, die mit braunen Feldern bedeckt ist und mittendrin ein einzelner Baum.

Ich laufe weiter zur Straße und sehe im hohen Rapsfeld etwas herausragen. Ist es eine andere Pflanze, oder doch? Ja, es ist ein Reh! Es schaut minutenlang neugierig zu mir rüber und wenig später schaut an einer anderen Stelle ein weiteres Reh heraus. Ich bin gespannt wer zuerst geht. Es ist ungewöhnlich, dass Rehe einen so lange anschauen. Aber schließlich ist es ihnen langweilig geworden und sie laufen mit eleganten Sprüngen über das Feld, weg von mir.

Ich laufe durch einen Wald und als ich heraus komme sehe ich weiter weg auf einer Wiese am Wald ein Gehege mit Tieren, die ich aus dieser Entfernung nicht richtig erkennen kann. Kann es sein, dass das Rehe sind? Aber warum sollten sie auf einer offenen Wiese in einem Gehege gehalten werden? Ich kenne diese Variante nur als Schutzgehege im Wald. Aber eine offene Wiese kommt mir komisch vor. Ich beschließe zunächst, dass es vermutlich doch keine Rehe sein werden, mache aber einige Photos, damit ich sie zu Hause auf dem Rechner vergrößern kann. Und tatsächlich, es waren Rehe! Später erfahre ich, dass zum Beispiel in Neuseeland Wild gezüchtet wird, um ihr Fleisch genauso wie das von Rindern und Schweinen zu gewinnen. Eine eigenartige Vorstellung. Bisher dachte ich, dass das Wild einfach im Wald geschossen wird. Schließlich habe ich auf meinem Weg (besonders in Bayern) schon unglaublich viele Schießstände (Hochsitze) gesehen.

Es geht weiter durch den Wald. Und ich rieche schon bald Pilze. Wenn die Pilze frisch wachsen, riecht man sie sofort im Wald. Und da! Drei riesengroße Pilze nicht weit vom weg entfernt. Sie sind bestimmt 20 Zentimeter hoch. Wenige Meter weiter sehe ich einen ebenso riesigen Ameisenhaufen. Er ist bestimmt einen halben Meter hoch und mein Weg führt direkt an ihm vorbei. Es ist gar nicht so einfach die kleinen Ameisen auf dem Haufen zu photographieren. Aber bei den vielen Versuchen, die ich gemacht hatte, kamen einige schöne Bilder heraus. Ich überquere die Straße und gleich danach sehe ich wieder einen Ameisenhaufen, der aussieht wie wenn er sich an einen Baumstamm gelehnt hätte. Ich beschließe hier keine weitere Photosession einzulegen, weil ich es heute sonst nie ins Lautertal schaffen werde.

Es geht ein Stück durch den Wald und dann höre ich einen Traktor. Ein Bauer mäht eine Wiese am Hang. Hin und her fährt er. Es ist ein schmales, aber langes Stück Land. Mit meiner einjährigen Wanderung bekomme ich auch mit, wann die Bauern welche Arbeiten machen. Richtig interessant. Der Weg würde nun durch Erbstetten führen, aber das merke ich erst hinterher. Mir gefällt der Blick auf das Dorf gut, gerade weil ich erst aus dem Wald getreten bin und gleich einen Panoramablick präsentiert bekomme. Und so laufe ich einfach am Waldrand weiter und merke nicht, dass ich durch den Ort gehen hätte müssen. Das macht aber auch nichts, denn ich stoße ganz automatisch wieder auf das rote Dreieck und laufe nun zum Heumacherfelsen. Ich erkenne ihn gleich wieder. Vor zwei Jahren habe ich hier im Lautertal eine Rundwanderung gemacht. Er ist nichts Besonderes, läutet aber eine Gegend mit vielen typischen Albfelsen ein.

Weiter vorne stoße ich auf die Ruine Wartstein. An ihr geht seitlich eine metallene Wendeltreppe hoch. ich kann mich erinnern, dass ich schon damals Probleme hatte sie hoch zu laufen, da man durch die Stufen hindurch sehen kann und ich nicht schwindelfrei bin. Aber ich will hoch. Also schraube ich meine Wanderstöcke zusammen, befestige sie am Rucksack und laufe langsam, aber trotzdem bestimmt die Wendeltreppe hinauf. Die letzten Meter kosten mich einiges an Überwindung, aber als ich oben auf dem Turm stehe bin ich richtig euphorisch. Ich habe es geschafft! Und das trotz Höhenangst! Yeah! Und der Blick von hier oben in das Lautertal ist die richtige Belohnung. Er ist phantastisch. Man ist unglaublich weit oben. Die Lauter schlängelt sich in unendlich vielen Kurven durch das Tal und schimmert in der Sonne. Herrlich.

Der Abstieg ist eine weitere Herausforderung, da ich nun per se nach unten sehe. Aber oben bleiben wäre eben auch keine Lösung. So bleibt mir keine andere Wahl. Unten angekommen bin ich dieses mal jedoch nicht euphorisch, sondern einfach nur erleichtert. Es geht nun steil den Wald hinunter und schließlich bin ich im großen Lautertal. Das Lautertal zählt für mich zu den schönsten Gegenden auf der Alb. Und nun auch auf der Albumrundung ein Stück hineinzulaufen ist phantastisch. Man muss das selbst einmal erlebt haben. Der Fluss, das Tal und die Berge drum herum, und die schönen Albfelsen mit ihren unzähligen Höhlen und Einbuchtungen. Hier muss man unbedingt eine Taschenlampe dabei haben. Ich habe mir angewöhnt sie am besten gar nicht erst aus dem Rucksack nehmen, auch wenn ich sie dann oft umsonst mitgenommen habe. Heuscheuerle, Schwarzlochfelsen, Ochsenlöcher - ich schau sie mir alle an und freunde mich in Gedanken bereits mit einer sehr späten Ankunft zu Hause an. Das ist es wert. Als ich zur Maisenburg aufsteige und damit das Lautertal wieder verlasse weiß ich, dass ich wieder hierher kommen werde.

Ich hatte mich schon ein bisschen auf die Maisenburg gefreut, weil ich dachte, dass dort ganz bestimmt ein toller Hofladen ist. Aber da hatte ich mich getäuscht. Die Burg ist zu einem schönen und edlen Veranstaltungsort umgewandelt, den man auch mieten kann. Schade. Heute gibt es also keine essbaren Mitbringsel von der Alb. Dafür begeistert mich der Weg von der Burg zum Wald umso mehr. Er ist gesäumt von unzähligen Disteln, auf denen Hummeln krabbeln. Sie sind frisch aufgegangen und verströmen noch nicht den vertrockneten Sommercharme. Und weiter vorne sehe ich ein Feld voller Erbsenpflanzen. Und gleich danach wieder eine Weide mit Wild. Die Bildvergrößerungen zeigen mir zu Hause, dass es dieses mal Hirsche mit prächtigen Geweihen sind. Wieder am Waldrand, aber eine offene Wiese. Also eigentlich sehr untypisch für Wild.

Der Weg läuft nun regelrecht aus nach Hayingen. Nach so vielen Highlights eine regelrechte Erholung für das Gemüt. Da ich eine Weile auf den Bus warten muss, kaufe ich beim Metzger hausgemachte Dosenwurst ein und nach erfolgloser Klosuche im Ort laufe ich aus dem Ort heraus und finde noch ein Feld mit genügend Deckung. Und schließlich ist die Zeit um und der Bus da. Die Fahrt wird ein richtiger Augenschmaus. Sie führt komplett durch das Lautertal hindurch und am Gestüt Marbach vorbei. Nach einem Aufenthalt in Münsingen fahre ich in einem weiteren Bus quer über die Alb und passiere Trailfingen, meinen Ausgangsort. Wahnsinn! Nach so langer Zeit dort vorbei zu fahren. Was für einen weiten Weg ich gekommen bin in der Zwischenzeit!

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