Donnerstag, 29. März 2012

6. Etappe: Neidlingen – Gingen an der Fils

Wegverlauf: Neidlingen – Boßler – Autobahnüberquerung – Kornberg – Fuchseck – Wasserberg - Gingen

Weglänge: 28,5 km


Anfahrt: Mit der S-Bahn nach Kirchheim, von dort mit dem Bus nach Neidlingen.

Rückfahrt: Von Gingen an der Fils direkt mit dem Zug nach Stuttgart.

Gelaufen am: 29.03.2011

Diese Tour ist meine bisher längste Tour auf dem HW1. Im Moment ist das aber auch die Obergrenze. Ich war lange nicht mehr wandern, und das merke ich. Vielleicht kann ich solche Strecken öfter laufen, wenn ich gut im Training bin. Mal sehen. Aber es muss immer ausgewogen sein. Denn ich möchte nicht nur lange Strecken wandern, sondern auch etwas von der Natur haben dabei.

Von Neidlingen bin ich nach hinten zu den Bergen gelaufen, aber den Aufstieg habe ich nicht so recht gefunden wie ich das letzte Mal runter kam. Ich bin lang am Bergfuß entlang gelaufen, in der Hoffnung ich werde den Weg wieder sehen. Denn von oben herunter war er beschildert gewesen. Zwar ohne blaues Dreieck oder ähnlichem, aber mit einem Schild: „nach Neidlingen, da lang“. Ich versuche auch den einen oder anderen vermeintlichen Weg hoch zu laufen, muss dann aber feststellen, dass es nicht weiter geht, dass ich nur zu einem Hochsitz komme oder der Weg einfach aufhört. Zuerst habe ich mich geärgert, dass ich mir nicht gemerkt habe wo ich runter gekommen bin, aber dann bin ich einfach querfeldein bergauf gegangen auf den Wegen der Wildschweine. Diese Wege waren überall, ich hatte jede Menge Auswahl je höher ich kam. Sie waren schmal und schwer zu erkennen, aber wenn man sich mal rein denkt sieht man sie doch recht gut. Im Zickzack bergauf, auch mal an Bäumen festgehalten, damit ich nicht ausrutsche, wenn Geröll dazu kam. Es liegen auf dem letzten Viertel recht viele Steine herum. Aber wow, hat mich das stolz gemacht! Ich habe das tatsächlich geschafft an dem steilen Hang! Und es hat so richtig Spaß gemacht mal nicht den beschilderten Wegen zu folgen. Wieder ein Abenteuer gleich neben dem Alltag. Was will man mehr?

Oben angekommen begrüßt mich die Morgensonne und ganz viele Blumen. Lerchensporn in lila und weiß und noch ein paar weiße Blumen, deren Name ich nicht kenne. Ich nehme mir vor in meinem Blumenbuch nachzusehen wie die Blumen heißen. Ich habe es bestimmt seit meiner Kindheit nicht mehr verwendet. Aber irgendwo müsste es noch im Regal stehen. Hier ist ein regelrechtes Blumenmeer. Wie herrlich der Frühling doch ist. Überall Frühlingsblumen. Ich laufe wie durch eine Blumenwiese. Mittendurch der schmale Albtraufweg auf dem Waldboden und rechts und links die Blumen. Herrlich!

Weiter vorne habe ich ein Reh gesehen, das ich nur bemerkte weil es sich bewegte. Es geht dann zum Boßler. Ein schöner Aussichtspunkt mit Bank, von dem man einen herrlichen Blick ins Tal hat. Wenn man die schöne Landschaft sieht kann man sich gar nicht vorstellen, dass genau an diesem Berg schon viele Flugzeuge zerschellt sind. Wenn die Sicht schlecht ist und der hohe Berg plötzlich auftaucht ist es wohl für viele bereits zu spät gewesen.

Weiter geht es am Naturfreundehaus Boßler vorbei, das leider zu hatte. Es gibt hier auch einen hübschen Brunnen, der aus dem Albgestein gemacht ist. Und hier sieht man auch schon die Autobahn. Sie führt von Stuttgart nach München. Und bisher kannte ich sie auch nur vom Autofahren, aber gewandert bin ich hier noch nie. Für mich ist das ein Meilenstein auf der Wanderung: ich überquere die Autobahn! Wie weit ich schon gekommen bin! Und alles zu Fuß. Voller Stolz überquere ich die Autobahn. Man kann gut die Straße hoch schauen und ich erinnere mich an den Blick aus dem Auto. Die Sonne scheint und es sind einige wenige Wolken am Himmel. Eine beeindruckende Ansicht (wenn man mal den Autolärm ausblendet). Die Straße zwischen den Hügel führt bergan, am Himmel eine tolle Stimmung. Um diesen Meilenstein sich setzen zu lassen lege ich mich auf eine Wiese und entspanne eine Weile in der Sonne. So weit bin ich gekommen! Ich hatte letztes Jahr nicht die 1:50.000 Karte dabei, die ich hier empfehle, sondern die 1:75.000 er Karte der Westalb und so habe ich die Karte raus gezogen und konnte die komplette Strecke sehen, die ich bisher gelaufen war. Das finde ich das Reizvolle an Fernwanderwegen: zu sehen wie weit man zu Fuß kommen kann und durch welche vielfältige Landschaft einen das führt.

Nach der Autobahnüberquerung ist die Alb langweiliger geworden. Sie ist dort sanfter, nicht so rau wie auf der Westalb. Dafür gibt es mehr Wacholderheiden und zum ersten Mal auch Nadelbäume, meist Lerchen.

Es geht nun am Kornberg entlang, am Segelfluggelände vorbei, das man nicht richtig sieht, wenn man nur auf dem HW1 läuft, und zum Sielenwang. Den Sielenwang fand ich sehr interessant, weil hier Ackerbau betrieben wird auf einem relativ kleinen Feld, das voller Albsteine ist. Man sieht fast keine Erde vor lauter Steinen. Erstaunlich, dass sich dieses Feld überhaupt lohnt!

Es geht dann durch den Wald schön den Berg runter zu einer wenig befahrenen Landstraße und einem wunderschönen Tal. Der Blick ist einmalig schön. Es handelt sich hier um ein schönes Seitental der Alb wie es hier in der Gegend viele gibt. Rechts und links wieder Berge. Ob es dort auch schöne Wege gibt? Es sieht jedenfalls sehr einladend aus.

Es geht gleich wieder den Berg rauf und zum schönen Fuchseck. Auf dem Weg dorthin gibt es an den Hängen und auch sonst am Waldboden riesige Felder von Bärlauch! Wohin man auch schaut nur Bärlauch! So viel auf einmal habe ich noch nie gesehen. Die Bäume sind noch nicht grün, aber der Waldboden erstrahlt in einem satten grün von Bärlauch. Manchmal hat er dezent gerochen, meist gar nicht. Das hat mich überrascht. Denn so viel Bärlauch im Wald kenne ich nur in Verbindung mit einem intensiven, manchmal auch unangenehmen Geruch. Das kommt vielleicht noch. Leider verwelkt Bärlauch schnell, sonst hätte ich mir welchen mitgenommen. Es gibt ja so leckere Rezepte mit Bärlauch. Nur in einer Plastikschüssel sollte man ihn nicht aufbewahren. Ich habe das einmal gemacht und dann nie wieder. Ich habe ihn klein gehackt so eingefroren. Als ich ihn aufgetaut habe konnte ich die Schüssel wegwerfen, weil ich den Geruch nicht mehr rausbekommen habe.

Ich laufe also auf dem Weg zum Fuchseck und bewundere den Bärlauch und bemerke gar nicht, dass mich zwei Rehe beobachten. Erst als ich meinem Blick vom Hang löse und rechts in den Wald hineinschaue sehe ich zwei Geweihe aus dem Grün auftauchen und neugierige aber vorsichtige Gesichter der Rehe. Sie stehen mitten im Bärlauch, vielleicht vier Meter von mir entfernt. Ich bleibe stehen und bin ganz ergriffen. Wie lange die wohl schon dort stehen und mich beobachten? Ich schaue sie an. Lange. Und sie bleiben stehen. Ein magischer Moment. Wer hier wohl wen beobachtet? Nach einer gefühlten schönen Ewigkeit laufen sie schließlich weg. Wie ungewöhnlich. Normalerweise laufen Rehe gleich weg wenn sie einen sehen. Umso beeindruckender war es, sie so lange sehen zu dürfen.

Glücklich setze ich mich auf den Rottelstein, der gleich daneben ist. Die Sonne scheint warm und ich setze mich vorne an den Aussichtsfelsen statt auf die Bank und bleibe lange sitzen und genieße die Wärme. Was gibt es schöneres als draußen in der Sonne zu sitzen?

Weiter vorne am Fuchseck hat man einen breiteren Blick. 3 große Tafeln mit Photos der Landschaft darauf erzählen einem wie die Ortschaften und Berge dahinter heißen. Man kann sich so sehr gut orientieren. Man sieht von hier aus die 3 Hausberge von Göppingen, die Kaiserberge: Hohenstaufen, Rechberg und Stuifen.

Es geht dann noch ein Stück am Trauf und dem Bärlauch entlang, und dann bergab vor den Wasserberg. Auch hier hat man einen tollen Blick nach rechts in das einschneidende Tal. Ich frage mich wieder ob es hier wohl weitere Wege gibt. Es scheint hier einige Seitentäler zu geben und Albtrauf, der in diesen Ausbuchtungen verläuft. Ich beschließe diese Seitentäler einmal zu laufen. Wieder etwas Neues entdeckt.

Der Aufstieg zum Wasserberg ist extrem steil und anstrengend. Es geht geradewegs den Weg hinauf anstatt wie sonst in Serpentinen. Das liegt vielleicht daran, weil hier auch Autos fahren können.

Oben angelangt findet man das Wasserberghaus. Eine Station des HW1, in der man im Sommer auch übernachten kann. Der Schwäbische Albverein betreut es. Heute ist es allerdings zu. Leider. Es ist ein schönes großes Haus aus den 30er Jahren. Davor ein toller Biergarten. Im Sommer muss das phantastisch sein. Ich suche mir eine leere Bank (welche nehme ich nur?) und mache trotzdem Pause. Leider habe ich kein Bier dabei, nur Wasser. Ich stelle mir vor wie es hier im Sommer ist und vermisse sofort ein schönes kühles Bier.

Der restliche Weg nach Gingen ist sehr lieblich. Ein ganz deutlicher Unterschied zur rauen Westalb. Es geht sanft ins Tal runter und dort schlängelt sich der Weg um einen Hügel, Radfahrer sind unterwegs und es gibt viele Wacholderheiden. Ein wirklich schöner Anblick. Der Weg läuft nach Gingen richtig aus.

In Gingen wollte ich eigentlich ein Kaiser Bier suchen gehen, da ich das gerne trinke und Geislingen, dem Brauort des Bieres ja nicht weit ist. Auf dem Weg zum Bahnhof war allerdings kein Laden und der Bahnhof ist außerhalb des Ortes bzw. am Ortsrand und so hatte ich dann keine Lust mehr zurück zu laufen und ewig nach einem Laden zu suchen. Heutzutage findet man in Ortsmitten ohnehin kaum mehr Läden, nur noch am Ortsrand riesige Einkaufszentren und ich wollte nicht um den ganzen Ort rum laufen.

Der Zug fuhr in einer halben Stunde. Eine Direktverbindung nach Stuttgart. Darauf hatte ich mich gefreut. Die Strecke hier (Stuttgart – Ulm und dann Richtung Bodensee oder München) ist gut befahren. Ich setze mich auf einen Bauwagen, lese, genieße die Abendsonne und lasse die vorüberfahrenden Züge an mir vorbei rauschen. Ganz unterschiedliche Züge sind das. IC, ICE, Güterzug. Und schließlich mein Regionalzug, der auch in Gingen hält.

Heut bin ich richtig weit gekommen. Auch auf der Karte sieht das sehr weit aus. Das liegt wohl daran, dass es hier kaum verschlungene Pfade gab, sondern meist weitläufige Strecke.

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