Wegverlauf: Unterkochen – weißer Kocherursprung –
Autobahnüberquerung (A7) – Hülen – Kapfenburg – Schöner Stein – Tierstein –
Aufhausen - Bopfingen
Weglänge: 29,5 km
Anfahrt: Mit dem Zug nach Aalen und dort in den Zug
Richtung Ulm umsteigen und bis Unterkochen fahren.
Rückfahrt: Mit dem Zug nach Aalen und dort in den Zug
nach Stuttgart umsteigen.
Gelaufen am: 27.04.2011
Vom
Bahnhof geht es neben Kirche und Friedhof leicht den Berg hinauf, dann noch ein
Stück durch Oberkochen und am Sportplatz vorbei. Und dann ist man schon am
weißen Kocher. Nicht zu verwechseln mit dem schwarzen Kocher. Und auch nicht
mit dem Kocher bei der Jagst. Der weiße Kocher heißt so, weil er durch das
starke Gefälle am Anfang etwas aufschäumt und so weiß aussieht. Ein bisschen
kann man das nachvollziehen wenn man hier läuft. Der schwarze Kocher hingegen
heißt so, weil er ruhig fließt und so schwarz wirkt. Sein Ursprung bei
Oberkochen ist beeindruckender, da das Wasser an vielen Stellen aus dem Hang
fließt und gleich zu einem großen Pool wird. Der Ursprung des weißen Kochers
hingegen ist romantischer in dem engen Tal. Beide fließen dann bei Neukochenzusammen
und bilden den Kocher, der nach vielen Kilometern bei Bad Freidrichshall in den
Neckar fließt. (Wer den Ursprung des schwarzen Kochers mal besuchen will kann
gleich noch weiter südlich mitten in Königsbrunn die Brenzquelle besuchen - ein
lohnender Tagesausflug mit drei Quellen. Dies ist ein Quellreiches Land.)
Auf
der Karte ist es nicht genau zu sehen, ob hier noch andere Bäche in den weißen
Kocher fließen oder nicht und daher bin ich etwas unsicher, wo denn nun der
Kocherursprung ist. Aus den Hängen fließt an mehreren Stellen viel Wasser, so
dass ich erst eine dieser Stellen für den Kocherursprung halte. Aber man muss
einfach immer weiter in das eingeschnittene Tal hineinlaufen und kommt so ganz
automatisch an den Kocherursprung. Am Wegesrand stehen Unmengen von
silbriggrauen Pflanzen. Es sind Silberblätter wie ich nach der Tour in meinem
schlauen Pflanzenbuch nachlese. Für so etwas ist es schon praktisch eine Camera
mit dabei zu haben. Man photographiert die unbekannte Pflanze und sieht zu
Hause nach. Das Buch mit zutragen wäre mir zu schwer. Es geht leicht bergan,
der weiße Kocher plätschert unter Baumstämmen hindurch und auf der anderen
Seite läuft eine Gruppe Spaziergänger. Der Kocherursprung ist wohl ein
beliebtes Ausflugsziel. Nach der Quelle geht der Weg seitlich nach oben und ich
hole meine mitgebrachte Tüte Gummibärchen raus. Ich nehme Gummibärchen gerne mit
auf Wanderungen, weil sie zwischendurch erfrischend wirken. Außerdem schmecken
sie mir gut.
Nun
geht es immer nach Norden, parallel zum HW4 bis dieser uns bei Wasseralfingen
verlässt und weiter nach Norden geht wohingegen der HW1 nach Osten schwenkt. Im
Wald sehe ich viel Waldmeister und die Knoblauchrauke. Es ist ein großes
Waldstück, in dem man außer dem Wald nichts sieht. Normalerweise wird mir auf
solchen langen Waldstücken immer ein bisschen langweilig, aber dieses Mal bin
ich aufgeregt, weil ich nun in absolut unbekanntes Gebiet laufe. Hier war ich
noch nie, nicht mal in der Nähe. In Wasseralfingen gibt es das Bergwerk Tiefer
Stollen. Man fährt dort mit einen schmalen Bähnle rein. Ich denke, das könnte
spannend sein.
Und
dann komme ich an meine zweite Autobahnüberquerung. Es ist die A7 von Würzburg
nach Kempten. Die Überquerung ist recht unspektakulär außer dass es hier einen
schmalen weg gibt, der auch direkt auf die Autobahn führt. Wofür der wohl
verwendet wird? Der ist bestimmt für die Straßenwart. Der Wanderweg führt
jedoch über eine Brücke. Wie bei der letzten Autobahnüberquerung empfinde ich
auch diese als Meilenstein und bin wieder erstaunt wie weit ich schon gekommen
bin. Gerade bei solchen Schnellstraßen, die man mit dem Auto von zu Hause in
null Komma nix erreichen kann (zumindest im Vergleich zum Wandern) wird mir die
Dimension des Fernwanderwegs wieder klar. Lustig finde ich, dass ich nach
dieser Autobahn das Gefühl hatte, dass die Kulturlandschaft und die Dörfer
bayrischer aussehen und das baden-württembergische in den Hintergrund rückt,
obwohl ich gerade so noch in Baden-Württemberg bin. Wenn man solche Grenzen
erwandert kann man schön die Übergänge sehen. ich bin einmal von Stuttgart nach
Kempten gelaufen und der Übergang von Oberschwaben ins Allgäu hat mich damals
genauso fasziniert. Man sieht eine Zeit lang beides bevor das andere dominiert.
Und
dann wird es wieder spannend. Von weitem sehe ich schon die Kapfenburg, die ich
schon ein paar Mal aus dem Zug gesehen hatte. Sie begeistert mich sofort. Wenn
man lange Zeit etwas nur aus der Ferne sieht und dann plötzlich davor steht und
genau weiß, dass man nun hinlaufen wird ist das immer ein besonderer Moment.
Ich lasse mir hier auch viel Zeit. Mit dem Blick auf die Burg sehe ich am
Wegesrand schöne zarte weiße Blumen, die ich zunächst für eine Art Anemonen
halte und photographiere munter drauf los. Ein Blick in mein Pflanzenbuch zu
Hause sagt mir jedoch, dass diese Pflanze große Steinmiere heißt. Eine
besonders elegante Pflanze. Ich werde hier mal einen Post einstellen, in dem
ich Euch die vielen Pflanzen zeige, die ich auf meinem Weg gesehen habe. Beim
Waldaustritt sehe ich links am Feldrand eine Bank und setze mich darauf. Direkt
mit Blick auf die Kapfenburg. Hier mache ich Rast und esse meine belegten
Semmeln.
Der
Weg würde nun an der Kapfenburg vorbei führen. Ich mache natürlich einen
Abstecher dorthin. Es ist gerade mal ein Katzensprung. Und ich bin überrascht.
Eigentlich habe ich eine Burg erwartet, die dann und wann ein paar touristische
Besucher hat, aber die Burg, die eigentlich Schloss Kapfenburg
heißt wie ich nun lerne, wird als Musikakademie verwendet und ist voller Leben.
Schüler kommen an, reisen ab, gehen in ihre Zimmer und laufen mit Instrumenten
durch die Gegend. Die Burg lebt. Auch heute noch. Es gefällt mir, was man aus
einer alten Burg noch alles machen kann. Entsprechend gut ist sie natürlich
auch in Schuss. Man kann allerdings nicht überall rein. Zu einem schönen
Rundgang reicht es allemal. Der Innenhof ist riesig. Und man hat einen schönen
Ausblick Richtung Lauchheim. Und dann fängt es an zu nieseln und geht bald in
leichten Regen über. Ich stelle mich nur kurz zusammen mit einer Klasse Kinder
unter den Torbogen und hole meine Regenjacke und den Regenschutz für meinen
Rucksack raus, schraube die Stöcke auf und laufe los. Die Kinder schauen mich
groß an. Der schnelle und entschlossene Schritt in den Regen wie wenn das das
normalste auf der Welt wäre (wird es auch, wenn man viel draußen ist) bringt
mir erstaunte und verwirrte Blicke ein, aber auch bewundernde und ich werde
gleich fünf Zentimeter größer. Die Kiddies folgen mir mitsamt ihrer Betreuerin.
Wenn einer den ersten Schritt macht...
Als
ich auf den HW1 stoße wird der Regen intensiver und ich tausche am hellblauen
Brunnen die Stöcke gegen den Regenschirm ein. Das ist mir dann doch lieber. Ich
laufe noch eine Weile über das offene Feld und komme dann in den Wald hinein.
Ich bin etwas verwirrt, weil die Beschilderung nicht ganz eindeutig ist. Hier
wurden Bäume gefällt. Vielleicht ist ja einer der Schilder an einem gefällten
Baum gewesen. Und während ich mich noch umsehe kommen zwei Männer mit
Heckenschere und Schildern in der Hand. Sie schneiden das HW1 Schild frei und
nageln ein neues an einen anderen Baum. Wow. Das sind also die fleißigen Hände,
die den weg pflegen. Und die Antwort auf die Frage, die ich mir schon lange
gestellt habe, wer wohl die vielen vielen Wege des schwäbischen Albvereins
pflegt. Ich sage ihnen wie toll ich den Weg finde und wie gut er beschildert ist.
Die Jungs grinsen sich an, ein Lob tut immer gut. Ich treffe sie später
nochmals, als ich wieder ein Schild übersehen hatte, das zugewachsen war und
kurzzeitig in die falsche Richtung gelaufen bin. Gemerkt habe ich das, als es
bergab ging. Der weg geht oben lang, das kann nicht sein. Also zurück. Und da
sind die beiden wieder und schneiden das Schild frei. Der Weg geht weiter durch
einen schönen Wald auf einem schmalen Pfad. Solche Wege liebe ich. Der Regen
hält sich in Grenzen, weil die Bäume einiges davon auffangen. Trotzdem ziehe
ich bald auch meine Regenhose über, damit meine Jeans nicht zu sehr nass wird.
Wenn eine Jeans einmal nass ist, bekommt man sie nicht mehr so schnell trocken.
An
einer Kreuzung ist eine Hütte, in der ich Pause mache. Der Regen ist stärker
geworden und ich will eine weile warten bevor ich weiter laufe. Es ist schön so
im Wald zu sitzen. Und tatsächlich: nach einiger Zeit hört es auf zu regnen.
Und da waren sie wieder: die zwei vom schwäbischen Albverein. Wir laufen eine
weile zusammen. Es ist das erste Mal, dass ich auf der Albumrundung mit
jemandem laufe. Ich habe schon seit längerem beobachtet, dass Fernwegläufer
meistens alleine unterwegs sind und Tagsausflügler in Gruppen. Sie erzählen mir
von ihrer Pflegearbeit auf den Wegen, die sich nicht nur auf den HW1
beschränkt, und fragen mich woher ich komme. Und dann versuchen sie mich zu
überreden heute Abend mit ins Vereinshaus zu kommen in Lauchheim. Ich fand die
Einladung total nett. Ein Abend in lustiger Gesellschaft (dort sei immer was
los) wäre nicht schlecht, aber ich wollte ja heute bis Bopfingen laufen. Zudem
überaltert der schwäbische Albverein. Meine beiden Begleiter dürften die 70
auch schon überschritten haben und erzählen mir schon von ihren Enkeln. Diese
Überalterung ist sicher eine Teufelsspirale. Ich kann mir vorstellen, dass
viele so denken wie ich: was soll ich denn da, wenn alle ungefähr doppelt so
alt sind wie ich? Und die Ausflüge, die angeboten werden umfassen größtenteils
einstellige Kilometerstrecken, maximal 12km. Das ist mir deutlich zu wenig.
Wenn ich älter bin ist das vermutlich genau richtig, aber jetzt noch nicht. Es
wird viel Wert auf das Gemeinsame und eine Einkehr gelegt, weniger auf lange
Strecken, was vermutlich auch ein Spiegel des Altersdurchschnitts dort ist.
Hier muss vielleicht eines Tages ein Generationswechsel stattfinden, denn es
wäre schade, wenn wir den verein verlören. Die junge Generation wird sicher
mehr angesprochen, wenn man statt Wandern Outdoor sagt. Ein bisschen das
Programm erweitern und wer weiß vielleicht passiert es eines Tages bzw. es muss
passieren. Wir erreichen den schönen Stein. Es ist ein Stein, auf den die
beiden vom Albverein besonders stolz sind. Sie haben ihn bereits mehrmals
erwähnt. Und ja, es ist ein schöner Korallenstein, aber wer die Alb bei Bad
Urach kennt hat schon größere gesehen. Dort trennen sich unsere Wege. Wir
winken uns noch zu. Eine schöne Wegbekanntschaft.
Es
geht noch eine weile durch den Wald und dann bergab auf einen Bahntunnel zu.
das ist die Bahn, die zwischen Aalen und Donauwörth verkehrt! Und prompt kommt
ein Zug aus Donauwörth vorbei gefahren. Ich komme meinem Ziel immer näher. Und
am Bahntunnel befindet sich der Tierstein, die Egerquelle. Eine schöne Quelle
und am Baum davor ein für mich tolles Schild: hier steht das erste Mal
Donauwörth drauf: noch 54km. Ich rechne noch kurz durch und ja, in zwei
weiteren Etappen bin ich tatsächlich da!
Der
Bahntunnel ist ein wenig unheimlich, da lang und dunkel. Man kommt dann an einem
Sägewerk vorbei, das sich in das ganze Tal erstreckt und muss auch ein Stück
über den Hof laufen. ich bin immer wieder erstaunt wo der HW1 entlang läuft.
Man ist gleich in Aufhausen und läuft ein Stück durch den Ort bis man rechts
wieder Richtung Bahnlinie abbiegt. An dieser Abzweigung habe ich einen jungen
Mann mit Hund getroffen. Der Hund war ganz verschmust und wollte gar nicht mehr
weiter.
Die
Bahn unterquere ich und gelange dann zu einem Friedhof. Man sieht von hier
unten schon die Burg und den Bahnhof, den ich aber nicht als Endpunkt nehme. Es
ist noch genügend Zeit bis nach Bopfingen durchzulaufen. Manchmal ist es gut
auf der Strecke verschiedene Möglichkeiten zur Rückkehr zu haben, falls man zu
viel getrödelt hat oder einfach nicht mehr weiter laufen mag. Aber das gibt es
eh selten bei mir. Trotzdem ist es beruhigend mehrere Möglichkeiten zu haben.
Es geht steil zur Ruine Schenkenheim hoch, die ich mir nicht ansehe, weil ich
von dem Wald hier oben ganz begeistert bin. Lerchen und Kiefern, teilweise Sand
am Boden. Faszinierend. ich steige weiter hinauf und weiter. Erstaunlich wie
weit es hier hoch geht. Damit habe ich gar nicht gerechnet. Es ist schön hier.
Es geht dann noch ein Stück durch den Wald und leicht bergab und dann sehe ich
ihn schon: den Ipf. Ich fand diesen Berg schon immer toll. Als Kind habe ich
ihn aus dem Auto gesehen, wenn wir daran vorbei gefahren sind. Als Erwachsene
war ich vor einiger Zeit in Bopfingen und bin dort auf dem archäologischen Pfad
über Keltengräber zum Ipf. Er übt eine große Faszination auf mich aus und ich
bin ganz hin und weg von dem Anblick. Während des Abstiegs habe ich ihn auch
immer vor mir. Als ich aus dem Wald komme höre ich die Kirchenglocken und weiß,
dass es knapp wird wenn ich den nächsten Zug noch erreichen will. Und da
beschließe ich mir erstmal keinen Stress zu machen und setze mich auf eine Bank
am Waldrand und schwelge im Anblick des Ipfs.
Später
steige ich dann erst über Wiesen und dann durch die Straßen von Bopfingen bis
zum Bahnhof ab. Der HW1 führt direkt am Bahnhof vorbei so dass ich keinen
Extraweg laufe. Vor dem Bahnhof grüßt mich eine riesige Tafel des schwäbischen
Albvereins, die mich darüber aufklärt welche Wege es hier gibt. Da ich noch
viel Zeit bis zum Zug habe beschließe ich in den Stadtkern zu laufen. Bopfingen
ist eine nette Stadt. Es lohnt sich hier einen Abstecher zu machen. Und dann
finde ich zu meinem Entzücken einen Supermarkt. Ich habe es mir zur Gewohnheit
gemacht auf meinem Weg lokale Produkte, allen voran lokale Biere mitzunehmen.
Und ich werde fündig: Nördlinger Ankerbier und Wasseralfinger Bier. Die
Kassiererin schaut mich erstaunt an als ich die vielen Flaschen in meinen
Rucksack quetsche und loslaufe. Auf dem weg nach draußen komme ich an einem
Bäcker vorbei und nehme mir Bopfinger Brot mit. Herrlich. Ich liebe es von
meinen Ausflügen etwas mitzunehmen. Allerdings bin ich jetzt schwer bepackt und
bin froh als ich am Bahnhof zurück bin. Dort unterhalte ich mich mit dem
Bahnhofsvorsteher, da der Zug aus Donauwörth Verspätung hat. Triebwerksschaden.
Egal, mir geht es gut. Von hier aus sehe ich die Flochburg und denke: dort
werde ich das nächste Mal vorbei laufen. Auf der Rückfahrt bleiben wir noch bei
Lauchheim stehen. Es regnet. Ob mich der Zug wohl nach Aalen bringt? Es wird knapp
zum Anschlusszug. Aber dann geht es weiter. Ich fahre an Wasseralfingen vorbei
und erinnere mich an den Tiefen Stollen. die Entscheidung eines Tages dorthin
zu gehen reift. Und dann bin ich in Aalen. Es reicht noch auf den Anschlusszug!
Er hat für uns gewartet.
Spät
abends bin ich zu Hause angekommen. Es war bestimmt schon halb zehn Uhr. Und
ich spürte die lange Strecke in den Muskeln. Für solche Fälle habe ich von
Weleda das Arnika Massageöl. Es ist ein wahres Wunderöl wie es einmal eine
Freundin von mir in den Bergen genannt hat als sie es ausprobierte. Vor dem
Schlafengehen gut einmassieren und man spürt am nächsten Morgen nicht mehr wie
viel man gelaufen ist. Das Öl und später im Sommer dann der Franzbranntwein
waren mein ständiger Begleiter auf der Albumrundung.